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Einwohner-Anfrage: Kommen Sie zur Stadtratssitzung am 2. März 2016 um 15 Uhr

  • von
Rathaus Worms

Einwohner-Anfrage an Herrn Oberbürgermeister Kissel und die Mitglieder des Stadtrat zur Sitzung am 2. März 2016 um 15 Uhr

 

 

  • Welche Informationen über angeblich sichere Landesregionen in Afghanistan liegen Herrn Kissel und der Wormser Ausländerbehörde vor?
  • Handelt es sich bei der im Artikel der Wormser Zeitung erwähnten Weisung an den ASB und die Ausländerbehörde um eine „Dienstanweisung“ ?
  • Welche weiteren „Betreuer“ wurden von Herrn Kissel angewiesen, um die „freiwillige Rückkehr“ nach Afghanistan aktiv zu fördern ?
  • Welche konkreten Aufgaben sollen diese „Betreuer“ erfüllen?

 

Begründung:

Nach dem Artikel der Wormser Zeitung vom 20.2.2016 „Afghanen zur Heimreise bewegen“ weist Oberbürgermeister Kissel den ASB, die Ausländerbehörde und Betreuer an, aktiv zu werden und afghanische Flüchtlinge zur freiwilligen Rückkehr nach Afghanistan zu bewegen. Herr Kissel wird zitiert: „Wenn es uns gelänge, den ein oder anderen Afghanen zur Heimreise zu bewegen, würde uns das freie Kapazitäten in den Flüchtlingsunterkünften bescheren.“

Diese Ankündigung und ein entsprechendes Schreiben der Ausländerbehörde hat Angst und Schrecken bei Betroffenen verbreitet, weil ihnen die aktuelle Situation in Afghanistan bestens bekannt.

Bestätigt wird ihre Einschätzung der Lage in ihrer Heimat durch die UNO und durch das Auswärtige Amt:

  • Nach dem Jahresbericht der UNAMA (United Nations Assistance Mission in Afghanistan) für 2015 erreichte die Zahl der in  dem Konflikt zwischen Taliban und Regierungstruppen getöteten Zivilisten mit 11002 ihren Höchstwert seit 2009. Seit 2009 wurden 21.323 Tote und 37.413 Verletzte registriert, Experten nehmen an, dass es noch viel mehr undokumentierte Opfer gibt.
  • In einem internen Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom November 2915 wird darauf hingewiesen, dass die „Ausdehnung der Taliban“ heute größer sei als zu Beginn des militärischen Eingreifens der Nato im Jahr 2001. Dies habe eine „dramatische Erhöhung der Bedrohungslage“ zur Folge. Die Gefahr für Leib und Leben sei in jedem zweiten afghanischen Distrikt als „hoch“ oder „extrem“ einzustufen. Selbst in Landesteilen, die bisher als relativ sicher galten, wachse die Bedrohung „rasant“.

Im Rundschreiben des MIFKJF vom 12.02 an die Ausländerbehörden des Landes wird darauf hingewiesen: „Bislang ist es dem Bund allerdings noch nicht möglich eine generalisierende Aussage zu treffen, welche Regionen in Afghanistan diesbezüglich als sicher eingestuft werden können.“ (s. Anlage)

Aufgrund dieser Situation können afghanische Flüchtlinge mit einer Duldung weiterhin in Deutschland bleiben. Einige von ihnen leben mittlerweile seit mehreren Jahren in Worms, besuchen auf eigene Kosten Sprachkurse, arbeiten und erhalten keine Sozialhilfe mehr, bezahlen selbst die Miete für ihre Privatunterkunft, sind in Vereine integriert, engagieren sich ehrenamtlich. Eine „freiwillige Rückkehr“ nach Afghanistan käme wahrscheinlich nur unter massivem Druck zustande.

Noch weniger nachvollziehbar ist das Ansinnen der Wormser Ausländerbehörde, auch diejenigen zur „freiwilligen Rückkehr“ zu motivieren, deren Asylverfahren überhaupt noch nicht abgeschlossen ist, die also durchaus mit der Anerkennung ihres Asylantrags und mit einer Aufenthaltserlaubnis rechnen können. Im Jahr 2015 wurde 80 % der afghanischen Flüchtlingen, die ihr Asylverfahren in Deutschland betreiben, eine Aufenthaltserlaubnis zuerkannt.

Es ist nicht zu erwarten, dass ein afghanischer Familienvater für eine Handvoll Euros seine Frau und Kinder den unberechenbaren Lebensgefahren in Afghanistan aussetzt.