Zum Inhalt springen

Syrische Flüchtlinge wehren sich gegen Hausbesitzer und Sozialamt!

  • von
Flüchtlings -Lager

Mit fadenscheinigen Argumenten versuchte eine Hausbesitzerin in Worms, acht syrische Flüchtlinge aus der Wohnung zu werfen.

Sie untersagte den weiteren Aufenthalt der Geflüchteten u.a. mit der Behauptung, die acht jungen Männer hätten die Wohnung so verschmutzt, dass sich Kakerlaken eingenistet hätten. Zum Beweis schickte sie den zuständigen Sachbearbeitern im Sozialamt das Foto einer Kakerlake, das angeblich in der Flüchtlingsunterkunft aufgenommen wurde.

Die acht Syrer waren empört über diese Unterstellung und wollten auf eigene Kosten einen „Kammerjäger“ holen. Das verbot die Hausbesitzerin jedoch aus gutem Grund:

nach drei Minuten Recherche der betroffenen Flüchtlinge stellte sich am 25. Mai heraus, dass das Foto aus dem Internet stammte und der „Beweis“ offensichtlich ein fake war.

Eine ähnlich sorgfältige Überprüfung von „Kündigungsgründen“ unterließen vermutlich die zuständigen MitarbeiterInnen des Sozialamtes.

Einem syrischen Flüchtling wurde am 24. Mai schriftlich mitgeteilt, dass er am 25. Mai bis 9 Uhr seine Sachen gepackt haben und in den Container auf dem Salamander-Gelände umziehen soll. Die anderen sieben Syrer erhielten die schriftliche Aufforderung des Sozialamtes am 25. Mai um die Mittagszeit. Mieterschutz, sonst übliche gesetzliche Voraussetzungen für eine Wohnungskündigung wurden mit Füßen getreten.

Vorher kamen – auf Veranlassung des Sozialamtes – bereits  gegen 9 Uhr einige Möbelpacker, um Möbel, Hausrat, persönliches Eigentum der Betroffenen abzuholen.Die Hau-Ruck-Aktion ging daneben: die Tür war verschlossen, denn zeitgleich standen die betroffenen Flüchtlinge mit Unterstützung von Aktiven des „Helfer-und Unterstützerkreises Asyl Worms“ im Rathaus vor der Tür des Oberbürgermeister Kissel. Sie übergaben ihm folgenden Brief:

 

„Sehr geehrter Herr Kissel, 

wir sind syrische Flüchtlinge,  die unter Lebensgefahr ihre Heimat verlassen mussten. Unter Bedingungen, die die meisten WormserInnen nur aus Medien-Berichten kennen, haben wir Obdachlosigkeit und Notunterkünfte wie Turnhallen erleben müssen.

 Wir haben in Worms eine Bleibe in der Horchheimer Straße 47 gefunden, in der wir einigermaßen Ruhe finden und uns einleben können.

 Die Vermieterin unserer Zimmer hat unter fadenscheinigen Begründungen verlangt, dass wir ausziehen. Statt ihre Argumente genau zu überprüfen und gegebenenfalls einen Widerspruch mit Hinweis auf den Mieterschutz einzulegen, sollen wir auf  mündliche Anweisung vom Sozialamt Worms von heute auf morgen unsere Sachen packen und in einen Wohncontainer umziehen. Wir empfinden diese Vorgehensweise als Willkürakt, dem wir ohnmächtig ausgeliefert zu sein scheinen. Uns wurde sogar angedroht, uns mit Polizei-Gewalt aus der Wohnung zu holen und die Wohnung zu räumen. Wir haben in unserer Heimat durch den syrischen Staat und durch islamistische Terroristen Gewalt erfahren und sind entsetzt über diese Drohung.

Wir bitten Sie als Stadtoberhaupt inständig um einen Termin für eine fürsorgliche Anhörung unserer Sorgen und um Ihre Vermittlung zwischen den Konfliktparteien. Wir bitten Sie, die Zwangsräumung unserer Zimmer dem Sozialamt zu untersagen.“

 

Herr Kissel nahm das Schreiben entgegen und besuchte am gleichen Nachmittag mit zwei MitarbeiterInnen des Sozialamtes und den beiden Wohnungseigentümern die betroffenen Flüchtlinge. Nach deren heftigen wortreich vorgetragenen  Beschuldigungen erklärte Herr Kissel kurz und bündig, dass die syrischen Flüchtlinge in der Wohnung bleiben können. Erleichtert feierten diese ihren Erfolg.

Leider ist dieses Beispiel kein Einzelfall. Auch bei einem ägyptischen Flüchtling schickte eine Vermieterin dem Sozialamt die Kündigung des Zimmers. Trotz mehrfachen schriftlichen und mündlichen Nachfragen wurde dem jungen Mann das Kündigungsschreiben vom Sachbearbeiter des Sozialamtes nicht gezeigt, um Stellung nehmen zu können. Er durfte bisher auch nicht den Mietvertrag einsehen, den das Sozialamt mit der Vermieterin abgeschlossen hatte. Ihm wurden mündlich drei angebliche Kündigungsgründe vorgehalten, die er leicht entkräftigen konnte. Er hegt deshalb große Zweifel, ob der Mitarbeiter des Sozialamtes die Begründungen für die Kündigung tatsächlich überprüft und das Recht auf Widerspruch in Erwägung zieht.

Auch wenn aufgrund der Wohnungsnot in Worms einige Vermieter der Stadt erhebliche Zugeständnisse abverlangen und die geltenden Mieterschutz-Bestimmungen missachten: Wild-West-Manieren dürfen nicht akzeptiert werden. Die Mitarbeiter des Sozialamtes sollten ebenso wie ihr Oberbürgermeister Rückgrat zeigen und schutzbedürftige Flüchtlingen im Rahmen der Gesetze  die notwendige Unterstützung gewähren.

Angelika Wahl