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„Afghanen zur Heimreise bewegen“ ???

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Nach dem Artikel der Wormser Zeitung vom 20.2.2016 weist  Oberbürgermeister Kissel den ASB, die Ausländerbehörde und Betreuer an, aktiv zu werden und afghanische Flüchtlinge zur freiwilligen Rückkehr nach Afghanistan zu bewegen.

Diese Ankündigung und ein entsprechendes Schreiben der Ausländerbehörde hat Angst und Schrecken bei Betroffenen verbreitet, weil ihnen die aktuelle Situation in Afghanistan bestens bekannt.

Bestätigt wird ihre Einschätzung der Lage in ihrer Heimat durch die UNO und durch das Auswärtige Amt:

  • Nach dem Jahresbericht der UNAMA (United Nations Assistance Mission in Afghanistan) für 2015 erreichte die Zahl der in  dem Konflikt zwischen Taliban und Regierungstruppen getöteten Zivilisten mit 11002 ihren Höchstwert seit 2009. Seit 2009 wurden 21.323 Tote und 37.413 Verletzte registriert, Experten nehmen an, dass es noch viel mehr undokumentierte Opfer gibt.
  • In einem internen Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom November 2015 wird darauf hingewiesen, dass die „Ausdehnung der Taliban“ heute größer sei als zu Beginn des militärischen Eingreifens der Nato im Jahr 2001. Dies habe eine „dramatische Erhöhung der Bedrohungslage“ zur Folge. Die Gefahr für Leib und Leben sei in jedem zweiten afghanischen Distrikt als „hoch“ oder „extrem“ einzustufen. Selbst in Landesteilen, die bisher als relativ sicher galten, wachse die Bedrohung „rasant“.

Bisher wies die Bundesregierung nicht nach, welche Landesteile als „sicher“ einzuschätzen sind.

Aufgrund dieser Situation können afghanische Flüchtlinge mit einer Duldung weiterhin in Deutschland bleiben. Einige von ihnen leben mittlerweile seit mehreren Jahren in Worms, besuchen auf eigene Kosten Sprachkurse, arbeiten und erhalten keine Sozialhilfe mehr, bezahlen selbst die Miete für ihre Privatunterkunft, sind in Vereine integriert, engagieren sich ehrenamtlich. Eine „freiwillige Rückkehr“ nach Afghanistan käme wahrscheinlich nur unter massivem Druck zustande.

Noch weniger nachvollziehbar ist das Ansinnen der Wormser Ausländerbehörde, auch diejenigen zur „freiwilligen Rückkehr“ zu motivieren, deren Asylverfahren überhaupt noch nicht abgeschlossen ist, die also durchaus mit der Anerkennung ihres Asylantrags und mit einer Aufenthaltserlaubnis rechnen können. Es ist nicht zu erwarten, dass ein afghanischer Familienvater für ein paar Euros seine Frau und Kinder den unberechenbaren Lebensgefahren in Afghanistan aussetzt.

Offen ist die Frage, welche Betreuer von Herrn Kissel angewiesen werden und welche konkreten Aufgaben sie erfüllen sollen. Sind MitarbeiterInnen der Stadtverwaltung gemeint, Beratungstellen der Wohlfahrtsverbände oder gar ehrenamtliche BetreuerInnen ?

Was bleibt von den Ankündigungen der Stadt ? Wohl vor allem eine positive Resonanz bei Gruppierungen und Parteien des rechten Rands, die sich in ihrer rassistischen Hetze gegen Flüchtlinge bestätigt glauben und nun erst Recht nach der Abschiebung von „Ausländern“ rufen.

 

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